Anstehen im Paradies: Keine geheime Mission am James-Bond-Felsen

23.04.2019 11:30

James-Bond-Felsen in der Phang-Nga-Bucht in Thailand. Foto: WanderWithWolf

James Bond bringt alle hierher. Mit Dutzenden Russen, Franzosen, Chinesen und weiteren Touristen sitze ich am frühen Morgen in einem Gebäude an der Marina von Phuket und warte auf mein Boot. Draußen sind etwa 30 Grad Celsius mit hoher Luftfeuchtigkeit. Und hier drinnen geht es zu wie in einem Hühnerstall. Es ist voll, jeder Sitzplatz ist belegt, an einer Theke gibt es Kaffee, Tee und Kekse. Wir warten alle auf unsere Boote. Denn diese sollen uns zu dem Felsen bringen, den James Bond 1974 berühmt gemacht hat. Eine Felsnadel in einer malerischen Bucht, an der der berühmteste Geheimagent der Welt gegen den Bösewicht Scaramanga, verkörpert vom ewigen Bösewicht Christopher Lee, kämpfte. Der Filmname: "Der Mann mit dem Goldenen Colt". "Roger Moore hat sehr viel für uns Thais gemacht", führt der Kapitän aus, als er mir die heutige Route erklärt - vor allem hat der Engländer hier dem Tourismus einen Bärendienst erwiesen. Denn dieser spült der Crew und allen Touranbietern, die dahinter stehen, Geld in die Kasse. Und eine unfassbar große Menge Menschen will mittlerweile die Phang-Nga-Bucht erkunden - mit allen negativen Folgen. 


Phang-Nga-Bucht in Thailand. Foto: WanderWithWolf
 

Es geht los, mit über 30 Leuten dränge ich mich auf ein Speedboat, wir fahren von der Marina ab durch Mangrovenwälder ins tiefere Gewässer, gelangen direkt in die große Bucht. Kristallblaues Wasser, überall kleine Inseln mit teils richtig hohen Kalksteinfelsen. Dazwischen viele Schnellboote, einige kleinere Fischereiboote, ein paar auf alt getrimmte Dschunken, in denen ebenfalls Touristen die Schönheit der Bucht erkunden. Wir schippern zur Insel Panak, lassen uns in Kanus durch die malerischen Grotten und Lagunen treiben, sehen ein paar Affen herumtollen und können ein Herz aus Bäumen und Felsen erahnen. Natürlich ist es hier proppenvoll, ein Kanu reiht sich an das nächste, in niedrigen Felstunneln kommt es zu Staus. Für Klaustrophobiker definitiv keine angenehme Situation. Schlangestehen im Paradies, dies kommt rund um Phuket häufiger vor, als ich befürchtet hatte. Wäre ich James Bond (oder gewillt, einige hundert Euro mehr auszugeben), hätte ich eine Privattour zu einer anderen Tageszeit gemacht. Ohne Gewähr, dass da dann nicht auch andere Tourenschiffe vor Ort sind. 

James-Bond-Felsen in der Phang-Nga-Bucht in Thailand. Foto: WanderWithWolf

Weiter geht es mit dem Schnellboot, durch den Fahrtwind werden die tropischen Temperaturen erträglich. Dann taucht sie auf - die Insel Khao Phing Kan mit der berühmten Felsnadel Khao Ta-Pu, die heute fast jeder nur als James-Bond-Insel kennt. Einige Boote haben bereits angelegt, am Strand wimmelt es von Touristen und Guides, die versuchen, ihre Schäfchen beisammen zu halten. Doch jeder will nur eins: über den steinigen Stufenweg zu dem Strand mit der besten Aussicht. Egal ob jung, alt, topfit oder fußkrank, ob im Bikini oder in Burka, hier sieht man wirklich alle Sorten Mensch. Und alle stehen sich im Weg. Damals, als der James-Bond-Film produziert wurde, war die Bucht einsam und verlassen. Heute treten sich die Menschen dort auf die Füße. Tausendfach wird die Felsnadel in der Bucht fotografiert, wieder Schlangestehen für ein kurzen Moment, um alleine im Paradies auf einem Foto zu sehen zu sein. 

 

James-Bond-Felsen in der Phang-Nga-Bucht in Thailand. Foto: WanderWithWolf

 

Der Felsen vor mir ist kleiner, als ich vermutet habe. Aber dennoch ein Wunder der Natur. Noch ehe James Bond mit seinem kleinen weißen Flugzeug auf den verlassen Strand glitt, war ich beim ersten Schauen des Films schon von der Szenerie hingerissen: eine sich nach unten verjüngende Felsnadel, so zerbrechlich wirkend, in dem türkisfarbenen Meer. Nach oben ein Turm aus Kalkgestein, mit Rissen und Furchen, in denen kleine Bäume und Büsche gedeihen. Ja, Khao Ta-Pu ist einen Besuch wert. Und das wissen auch alle, die heute mit mir hier sind. Überall in Phuket und Krabi sind sie Fotos des Felsen begegnet. "Wanna see James-Bond-Island?" fragt es an jeder Ecke. Nach gut 30 Minuten habe ich genug gesehen, zuviele Fotos gemacht, wurde angerempelt, für Fotos oder Souvenirs angelabert. Habe staunend beobachtet, welche Posen Leute für ein Bild einnehmen und mit welch opulenten Kamera-Equipment einige Besucher anreisen. Der Rückzug aus dem Gewimmel ist angesagt. Denn wo sich einst Roger Moore und Christopher Lee duellierten, fechten heute die Souvenirverkäufer mit den Touristen um den Preis. Eine geheime Mission kann hier niemand mehr erfüllen. 

James-Bond-Felsen in der Phang-Nga-Bucht in Thailand. Foto: WanderWithWolf

 
Der Rest des Tages ist eine Abarbeitung weiterer Highlights in der Phang-Nga-Bucht. Erst das überwiegend muslimisch geprägte Fischerdorf Ko Panyi, in dem die Touristenscharen in unfassbar großen Restaurants versorgt werden - und dann der Abfall zwischen den Stelzen schwimmt, auf denen die Häuser gebaut sind. Dann zum Schluss Kho Khai Nai - eine winzige Insel mit weißem Strand, hellblauem Wasser, ein paar Felsen und übervollen Kneipen. Ein paar Runden drehe ich im Wasser und beobachte einige Fischlein, bevor sie ein nahender Jet-Ski verscheucht. Schattenplätze sind rar gesät, die heiße Sonne unerbittlich. Ich lasse mich zum Trocknen und Abkühlen auf einer Treppenstufe unter einem Vordach nieder - und bin froh, als der Kapitän endlich zur Abfahrt ruft. Wäre ich James Bond, wäre ich schon längst mit dem Helikopter zum nächsten Bösewicht geflogen - der aber bitte in einem klimatisierten Zimmer auf mich wartet. 
 
Phang-Nga-Bucht in Thailand. Foto: WanderWithWolf
Phang-Nga-Bucht in Thailand. Foto: WanderWithWolf
 
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