Auf der Isla Colon in Panama - Hippie-Leben in Bocas Town

13.05.2015 12:40

"Wanna buy some weed?" fragt mich der Hippie mit den Dreadlocks. Ich lehne dankend ab. Ein paar Meter weiter spricht mich der nächste an, diesmal ein Glatzkopf in Flipflops. Dieselbe Frage, dieselbe Antwort. Ich bin in Bocas Town, der Hauptstadt der Isla Colon. Und offenbar ist das hier eine optimale Stadt für Backpacker, Hippies und Kiffer. Denn davon ist hier alles voll. In den nächsten Tagen sehe ich die Dealer immer wieder, wie sie Touristen ansprechen. Einige folgen ihnen auch redselig oder freudig in irgendwelche Häuser in Nebengassen. Die Polizisten auf ihren Quads scheinen sich daran nicht zu stören. 

Im Meer bei Isla Colon, Panama. Foto: Wolfgang Bürkle
 
Die Isla Colon ist Karibik-Feeling pur. Hellblaues Wasser, Palmen an den Stränden, entspannte Menschen. Und viele Besucher aus der ganzen Welt, die tagsüber auf entspannte Gammler machen und abends dicke Hummer für relativ wenig Geld in hippen Restaurants essen. Ein Klischee trifft auf das nächste. Die Holzhäuser an der Hauptstraße sind bunt bemalt, von himmelblau bis rosarot, an Ständen verkaufen Panamaer und Zugewanderte Schnitzel, Falafel oder Hot Dogs. In den Souvenirshops gibt es die ewig selben T-Shirts mit Biermarken vorne drauf, gefälschte Panama-Hüte, Schmuck und Schnitzereien. Bilder, Poster, CDs oder Handtücher mit Bob Marley drauf dürfen nicht fehlen. Am nicht wirklich schönen öffentlichen Strand brutzeln nur wenige Menschen in der knallenden Sonne, offenbar sind sie alle mit den Touristenbooten unterwegs, um Delfine zu sichten, bei den Mangroven und Korallenrifffen zu schnorcheln, oder um sich auf einer der vielen anderen kleinen Inseln in eine Hängematte zu legen.  
 
Bocas Town, Isla Colon, Panama. Foto: Wolfgang Bürkle
 
Für die Raffaelo-Werbung oder das Rum-Marketing fehlt es der Insel allerdings an Perfektion. Irgendwie ist alles ein wenig heruntergekommen, ein wenig zu lässig. Mit dem Leihfahrrad sieht man schnell auch die andere Seite der bunten Hauptstraßen. Ein einsamer Friedhof gammelt am Rande der Stadt neben ranzigen Kneipen vor sich hin. Weiter im Norden stehen mehrere riesige Hotelbunker. Dazwischen dreckige Gassen, heruntergekommene Bruchbuden, in denen die Einheimischen wohnen. Ab und an ein paar Polizisten, die sichergehen wollen, dass keinem Touristen etwas passiert - schließlich lebt die Insel von den Devisen, die wir hierher bringen. Und die uns auch für den Konsum zügig aus der Tasche gezogen werden. Die Happy Hour gibt es in so ziemlich jeder Kneipe, wenn mich kein Dealer anspricht, dann ein Tour Operator, und abends locken die Restaurants und Bars mit kreolisch-karibischen Fischgerichten, Burgern, Pizza und Bier.  
 
Bocas Town, Isla Colon, Panama. Foto: Wolfgang Bürkle
 
Die Konsumkritik der Hippies wird in Bocas Town ins Gegenteil verkehrt. Denn wo sich sonst der Hippie als individuellen Gegenpol zum Mainstream sieht, gehört er hier mit Pluderhosen und Dreadlocks zur angepassten Mehrheit. Einige von ihnen verkaufen routiniert selbst gebastelte Ketten, andere haben einen spießigen Klamotten-Laden geöffnet - und die, die hier nur für ein paar Tage sind, haben sich der Tourismus-Förderung verschrieben. Denn Erleuchtung-suchende Spiritualität hat in dieser Spaß-. und Erlebniswelt mit Jetski, Surfing und Birdwatching keinen Platz gefunden. Die kommt höchstens durch das Gras, das der Dealer einem verkaufen will. 
 
Isla Colon, Panama. Foto: Wolfgang Bürkle
 
Nichtsdestotrotz lässt es sich in Bocas Town ein paar Tage gut aushalten. Denn irgendwann weiß der nette Weed-Händler, dass mein Interesse an seinem Produkt sehr gering ist. Die Tour-Anbieter haben auch schon aufgegeben, zu fragen, schließlich bin ich dann schon geschnorchelt und habe Seesterne sowie Delfine gesehen. Die Restaurants bieten ebenfalls jeden Tag genug Abwechslung auf der Speisekarte, um womöglich längerfristig interessant zu bleiben. Doch irgendwann folgt auch hier der genüsslichen Entspannung die gähnende Langeweile. 
 
Besucht im März 2015
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