Blingbling Buddha: Die Shwedagon-Pagode in Yangon, Myanmar

16.03.2016 11:26

Ein paar Haare von Buddha sind schuld. Sie sollen irgendwo unter diesem imposanten Haufen aus Stein, Kupfer, Gold und Edelsteinen liegen, der die heiligste Pilgerstätte Myanmars ist. Die Shwedagon-Pagode in Yangon ist aber viel mehr als nur ein Tempel. Rudyard Kipling beschrieb sie schon vor über 100 Jahren als „goldenes Mysterium“. Sie ist ein grandioser Ort der Besinnung und der Begegnung. Hier wird meditiert, hier wird gebetet. Aber nicht im stillen Kämmerlein, sondern in einem Märchen aus Schnörkeln und einem Haufen Gold. Die Möglichkeiten der Ablenkung ist groß, denn überall blinkt und blitzt es, überall gibt es Geschichten zu entdecken. Unzählige Buddhisten strömen gemeinsam mit etlichen Touristen um die riesige Stupa und ihre Anbauten herum. Viele mit ihren Mündern offen, den Blick nach oben gerichtet. Und alle sind wir barfuß, alle zeigen wir damit unsere Achtung vor Buddha. Der Marmorboden ist warm, blankpoliert von Millionen von nackten Füßen. In ihm spiegeln sich die Spitzen der ganzen Stupas, Schreine und Pagoden. 

Die Shwedagon-Pagode in Yangon, Myanmar. Foto: Wolfgang Bürkle

Es sind so viele, dass ich sie gar nicht zählen kann, irgendwo im Reiseführer wird die Zahl schon stehen. Jede von ihnen sieht anders aus, einige weiß, einige gelb, die meisten glänzend Gold. In vielen von ihnen stehen Buddhas oder andere anbetungswürdige Figuren. Viele haben kitschig blinkende LED-Lampen darin, die die Buddha-Figuren wie einen Spielautomaten in der schäbigsten Hinterhofkneipe aussehen lassen. Sie werden auch noch mit Blümchen, Räucherkerzen und Schirmchen verziert, geradezu liebevoll werden einige Figuren, darunter Löwen, Drachen und Ratten, gehätschelt. Überall knien und beten Gläubige vor ihnen, mit gefalteten Händen, geschlossenen Augen und dem Hintern gen Himmel gerichtet. Ich schlendere zwischen ihnen hindurch, es kümmert sie nicht, ein großer Menschenandrang herrscht den ganzen Tag über. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend laufen sich hier arme Bauern und reiche Industrielle über den Weg. Beim Anbeten sind schließlich alle gleich, nur die Spendenbereitschaft fällt unterschiedlich aus. In gläsernen Kästen ballen sich die Geldscheine, um noch mehr Prunk an diesen Ort zu bringen. Verstecktes Spenden in dunkle Opferstöcke ist nichts für die Buddhisten in Myanmar. Man gibt gerne und sichtbar - und wer viel spendet, bekommt seine eigene Plakette, seine eigene Stupa oder zumindest die Hoffnung auf ein paar Karma-Punkte. 

Die Shwedagon-Pagode in Yangon, Myanmar. Foto: Wolfgang Bürkle

Einige der Pilger hier wollen auch einfach nur sehen oder gesehen werden. Ein älterer Mönch haut mich für ein Foto mit ihm an, er kommt aus dem Norden von Myanmar, um das goldene Heiligtum mit eigenen Augen zu sehen. Für das Foto schaut er mit ernster Miene, gelächelt wird danach erst wieder. Fast jeder der dunkelrot Gewandeten hat ein Handy in den Falten seines Umhangs stecken. Viele holen es immer wieder heraus, für Fotos, für den kostenlosen Internet-Zugang, den es hier gibt. Die weiblichen Mönche erkennt man an ihren rosafarbenen Überwurf – auch sie tragen Glatzen. Einige thailändische Mönche sind aufgetaucht - ihre Roben fallen dank der leuchtend orangenen Farbe direkt noch mehr ins Auge. Familien essen hier, müde Pilger halten in den überdachten Hallen ein Nickerchen, eifrige fegen die Plattform, um ihr Karma zu verbessern. Viele gießen kleine Statuen mit Wasser - jeder Wochentag ist hier einem anderen Tier gewidmet und wer eben an einem Dienstag geboren wurde, der gießt den Dienstagslöwe. 

Die Shwedagon-Pagode in Yangon, Myanmar. Foto: Wolfgang Bürkle

Als sich die Sonne langsam senkt, ändert sich das Gold der Stupa – es wird intensiver, strahlender vor dem immer dunkler werden Himmel. Blingbling macht es in meinem Kopf. Überall Gold und Edelsteine, tonnenweise, Diamanten funkeln an der Spitze. Da leuchtet auch der Geist mit. Die Scheinwerfer und die Kerzen, die nun andächtig rings um die zentrale Stupa entzündet werden, verstärken den prachtvollen Effekt in der blauen Stunde. Die Stimmung glüht, kleine Glöckchen klimpern im leichten Wind. Die Shwedagon-Pagode wird zum Gesamtkunstwerk, zu einer Reise in eine märchenhafte Vergangenheit. Seit Jahrhunderten dient sie als prachtvoller Ort der Ruhe in einer Welt, die sich immer mehr verändert. Auch die Blitze der Kameras und Handys können dem goldenen Mysterium nichts von seiner Magie rauben.

Die Shwedagon-Pagode in Yangon, Myanmar. Foto: Wolfgang Bürkle

 

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