Der Reiz des Vulkangesteins: Unterwegs auf Lanzarote
06.07.2023 11:42
Ich muss höllisch aufpassen, dass ich hier nicht stolpere. Zwar trage ich ordentliche Sneaker, aber darüber kurze Hosen. Und wenn ich von einem der vielen scharfkantigen Steine auf den nächsten hüpfe, ist das Risiko groß, mir direkt blutige Schrammen zu holen. Das ist eben das Problem mit dem jungem Vulkangestein auf Lanzarote - Wind und Wetter hatten noch nicht genügend Zeit, um die schroffen Spitzen und Kanten abzuschleifen. Und die dunkelgraue Lava hier ist gerade mal knapp 300 Jahre alt.
Ich bin am Eingang vom Timanfaya-Nationalpark auf der Insel Lanzarote. Wobei Eingang nicht wirklich korrekt ist, es ist eine Straße, die durch das ganze Vulkangebiet führt. Und am Straßenrand sind ab und an diese lustigen Teufel aufgestellt, das Maskottchen des Nationalparks. Blöderweise sind diese Standbilder aber umringt von scharfkantigem Lava-Gestein - und da ich eben ein Foto/Selfie machen will, stolpere ich auf diesen und um diese herum. Verdammtes Influencer-Gehabe...
Ich bin am Eingang vom Timanfaya-Nationalpark auf der Insel Lanzarote. Wobei Eingang nicht wirklich korrekt ist, es ist eine Straße, die durch das ganze Vulkangebiet führt. Und am Straßenrand sind ab und an diese lustigen Teufel aufgestellt, das Maskottchen des Nationalparks. Blöderweise sind diese Standbilder aber umringt von scharfkantigem Lava-Gestein - und da ich eben ein Foto/Selfie machen will, stolpere ich auf diesen und um diese herum. Verdammtes Influencer-Gehabe...
Wenn man Wikipedia Glauben schenkt, ist Lanzarote heute zu drei Vierteln mit Lava bedeckt, ausgespien aus mindestens 300 Kratern von etwa 100 Vulkanen. Marketing-Spezialisten bewerben Lanzarote sogar als "Insel der 1000 Vulkane". Ja, so sieht es hier auch wirklich aus, mit schroffem, dunklen Gestein, mit kegelförmigen Erhebungen und dieser gewissen "Mordor"-Stimmung. Natürlich muss man nicht den Timanfaya-Nationalpark besuchen, um Vulkane und erstarrte Lava auf dieser kanarischen Insel zu sehen. Denn das gibt es ja überall auf Lanzarote. Aber hier konzentrierte sich eben das Ausbruchsgeschehen zwischen 1730 und 1736 - so lange dauerten die letzten großen Eruptionen auf der Insel. Und deswegen ist der Nationalpark zumindest einen Abstecher wert. Wenn auch die lange Wartezeit auf der Zufahrtsstraße hoch zum Restaurant El Diablo nerven kann, vor dem auch die Tourbusse starten. Aber hier hat man mitunter die beste Aussicht.
Das Vulkanische auf Lanzarote hat seinen ganz besonderen Reiz. Man denkt ja, Lavagestein wäre grau und eintönig. Aber auf der ganzen Insel kann man die changierenden Farben der Naturgewalt erleben. Wer will, kann alleine oder mit Guides tage- oder wochenlang die ganzen Vulkane hoch und runter wandern. Aber ich suche ja den etwas anderen Reiz. Also zum Beispiel den Reiz von Wein. Den gibt es hier ja auch auf Lanzarote. Auf der Vulkanasche gedeiht unter anderem die Rebsorte Malvasia ganz hervorragend - und an der "Weinstraße" von La Geria laden allerlei Bodegas zum Verkosten der Weine ein. Das macht schon Spaß: Lecker Weinchen trinken, links und rechts umgeben von Vulkanen und dazwischen die grünen Reben, die sich aus dem dunklen Gestein, umgeben von kleinen Steinkreisen, hervor kämpfen. Die winzige Krux an der Sache: Mit dem Vollernter kommt der Winzer hier nicht durch, viel Handarbeit ist angesagt - und das schlägt sich dann im Weinpreis nieder. Der Vorteil dabei: Schlückchenweise trinken statt Eimersaufen.
Kostenlos hingegen ist der Besuch der Las Grietas, eine geologische Kuriosität. Das ist einfach nur ein langer Riss in der Seite eines Vulkans, durch den man sich hindurchquetschen kann. Also ein paar Meter kann man unten auch normal reinlaufen, aber dann wird es eng und staubig und steil. Trotzdem erstaunlich, wieviele Insta-Menschen sich hier tummeln und gegenseitig fotografieren. Auch hier sieht man: Vulkangestein muss nicht dunkelgrau sein, hier zeigt es sich in unzähligen Farbnuancen von ocker über orange bis braun. Zudem ist es etwas stärker von Wind und Wetter abgeschliffen, sodass man sich hier nicht sofort blutige Schrammen holt.
Dem Charme des Vulkanischen war auch César Manrique verfallen. Der Maler, Bildhauer und Umweltschützer wollte seine Heimat Lanzarote zu einem der schönsten Plätze auf Erden entwickeln - und prägte durch seinen Einfluss die Architektur der Insel. Zu sehen ist das in seinen Bauwerken, etwa dem Anwesen "Jameos del Agua", einer kuriosen Mischung aus Museum, Wohnhaus, Pool, unterirdischem See, Restaurant und Theater. Auch hier ist das dunkle Lavagestein allgegenwärtig, aber gezielt abgeschliffen oder verputzt, mehr dem menschlichen Willen angepasst. Zu welch majestätischem Schaffen Vulkane in der Lage sind, erkannte Manrique zudem ganz im Norden von Lanzarote. Hier ließ er auf knapp 500 Metern Höhe den Aussichtspunkt Mirador del Río bauen, mit grandiosem Blick auf die Insel La Graciosa, die natürlich auch vulkanischen Ursprungs ist. Bei dem Blick direkt hinab sollte man schwindelfrei sein und hoffen, dass es just in diesem Moment kein Erdbeben gibt.
Wem das Raue und Scharfkantige des Vulkangesteins nichts gibt, sondern wer sich nur an üppigem Grün erfreuen kann, der wird Lanzarote wohl etwas trostlos finden. Kakteen, Palmen und Wein tummeln sich an einigen Plätzen, dazwischen weiß-grüne Hausansammlungen und das in vielen Teilen unansehnliche Hauptstädtchen Arrecife. Die restliche Natur wirkt zuerst unwirtlich und wild. Doch Zeit, Interesse und ein genauer Blick offenbaren dann doch die Vielfalt und den Reiz der "Insel der 1000 Vulkane".
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