Gedränge am Fuji - Stille in Matsumoto: Unterwegs in Japan
16.12.2023 10:26Riesige, ausgedehnte Wälder ziehen an meinem Fenster vorbei. Die Farben der Blätter changieren von grün über gelb in tiefes rot. Herbstlaubfärbung, neben der Kirschblüte die beliebteste Reisezeit in Japan. Am Horizont sind schemenhaft die hohen Berge der "Japanischen Alpen" zu erkennen, gegen die strahlende Sonne sind die Gipfel aber nur graublaue Dreiecke. Ich sitze im Zug nach Matsumoto, war heute Morgen noch am Kawaguchi-see, um mit vielen anderen Menschen den herrlichen Blick auf den Fuji zu genießen. Der heilige Berg, Sehnsuchtsort, ein Symbol der Naturschönheit. Und an diesem Morgen wolkenfrei, bei schönsten Farben am Seeufer. Aber im Bus und am Bahnhof heftiges Gedränge, denn das japanische Wahrzeichen wird verehrt, begehrt und fast überrannt.
Der Fuji ist mit Sicherheit ein Highlight jeder Japan-Reise. Wie er sich mit seiner perfekten flachen Pyramiden-Form in die Landschaft schmiegt, umgeben von beschaulichen Orten, Wäldern und Seen. Immer findet man einen Baum oder einen bunten Strauch, mit dem der Fotograf einen pittoresken Rahmen schaffen kann. Manchmal auch eine Pagode, einen Supermarkt oder eben ein Model, was den Fuji in Szene rückt. Im Frühjahr locken die rosafarbenen Kirschblüten, im Herbst das rot und orange von Ahorn, Ginkgo und Co. die Besucher an. Aber ich kann nicht zu lange hier verweile, ich muss weiter, denn Japan hat schließlich viel zu bieten. Also ab zum kleinen Bahnhof von Kawaguchiko und rein in den Zug.
Die Orte an der Bahnlinie in der Präfektur Nagano sind irgendwie beschaulich. Die Dächer glänzen im Gegenlicht, teilweise erinnern sie an den historischen japanischen Baustil mit den geschwungenen Überständen, teilweise haben sie aber schon Solarzellen drauf. Und fast alle sind natürlich mit Klimaanlage und Satellitenanlage ausgestattet. Zwischen den Siedlungen große Grünflächen, Felder, Gewächshäuser und Obsthaine. Auch ein Fluss und der Suwa-See fehlen nicht - idyllisches Japan wie aus dem Prospekt. Wenn die Myriaden an Strom- und Telefonleitungen nicht immer wieder den Blick trüben würden.
Der Zug ist am frühen Nachmittag nur halb voll. Er rauscht durch die Landschaft, viele Geschäftsleute, Senioren und einige Touristen an Bord. Immer, wenn der Schaffner durch das Abteil läuft, bleibt er am Kopfende stehen, dreht sich zu den Mitfahrenden um, verbeugt sich, dreht sich wieder um und entschwindet in das nächste Abteil. Auf den letzten Drücker hab ich noch einen reservierten Sitzplatz bekommen, denn ich bin in einem Limited Express gelandet, der Reservierung-only ist. Musste ich auch erst lernen, als ich am Zustiegsbahnhof ankam. Auch nach mehreren Fahrten mit Shinkansen, Regionalbahn und Metro ist das japanische Zugsystem für manche Überraschung gut, die in meiner Reisevorbereitung nicht zu klären war. Mit Google Maps sind aber zumindest die Routen und viele Zugfahrten ordentlich planbar.
Die Fahrt von Kawaguchiko nach Matsumoto dauert fast vier Stunden, zweimal steige ich um. Und Matsumoto ist im Vergleich zu den Tourismus-Highlights nahe des Fuji ein verschlafenes Kaff. Eine Provinzstadt, ziemlich genau in der Mitte von Japan. Ich schlendere durch die Gassen, zur Nawate Shopping Street (auch Froschstraße genannt), in der auch nur wenig los, und dann weiter zur Burg. Sie ist das grandiose Highlight der Stadt und ein offizieller "Nationalschatz" von Japan, gehört also zu den kostbarsten „materiellen Kulturgütern“ des Landes. Zwar liegt sie nicht auf einem Hügel, ist auch nicht besonders groß, aber so wie sie sich im schmalen Wassergraben spiegelt, mit ihrer schwarzen Farbe, den geschwungenen Dächern und der kleinen roten Uzu-Brücke am westlichen Ende, ist die "Krähenburg" einfach ein Stück japanischer Architektur, wie sie kaum typischer sein könnte.
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