Ring of Kerry: Alte Steine, enge Straßen - aber voll schön
12.06.2018 13:16
Das Guinness steht neben mir auf dem Nachttisch, im TV läuft irgendeine Sendung mit gaelischer Musik und ich sitze mit Laptop im Bett und grüble. Mich bewegt die Frage, was man über den Ring of Kerry im Südwesten Irlands schreiben könnte, was nicht schon hunderte andere Dichter, Schriftsteller oder Blogger ausformuliert, gedichtet oder gesungen haben. Immerhin ist es eine der berühmtesten Panorama-Straßen der Welt, viel befahren und populär, selbst Busse dürfen hier nur gegen den Uhrzeigersinn lang fahren. Und auch das steht in jedem Reiseführer und auf fast jeder Webseite über den Ring. Entsprechend hatte ich mich im Uhrzeigersinn auf den Weg gemacht, um die gut 200 Kilometer an einem Tag zu bewältigen - und eben nicht hinter Bussen her zu schleichen.
Über das saftige grüne Gras, die hübschen Ortschaften oder die häufig einsam im Wind stehenden Schafe muss ich kein Wort mehr verlieren. Denn deswegen kommt so ziemlich jeder hierher. Vielleicht ein paar Worte über schroffe Berge und malerische Täler? Denn meine Tour startet durch die Gap of Dunloe genannte Felsschlucht. Hierdurch fahre ich von meinem Bed & Breakfast bei Killarney erstmal nach Kenmare im Süden, weiche dabei mit meinem eher großen Mietwagen kritisch blickenden Wanderern, Pferdekutschen und scharfen Felsen oftmals nur knapp aus. Eine Landschaft wie beim Herrn der Ringe, jeden Moment könnten mir Frodo und Sam vor die Motorhaube stolpern. Die Seen in und die Berge am Rande der Schlucht sind prächtig und populär - und das dahinter folgende Black Valley ein wunderschönes Stückchen Erde, mit Gräsern, Büschen und Bachläufen wie im Auenland. Der perfekte Auftakt für die Tour.
Vom eher unscheinbaren Kenmare dann geht es auf die Straße mit der Nummer N70, an Sneem vorbei, oftmals fluchend hinter langsameren Autos auf der engen Straße entlang, während die entgegenkommenden Fahrzeuge auch die ganze Konzentration beim Lenken fordern. Ein ums andere Mal befürchte ich den drohenden Verlust des Seitenspiegels. Beim Abstecher zum Staigue Fort, einem über 2000 Jahre alten Steinkreis, lege ich erstmals auf der Reise eine knappe Vollbremsung ein - der Verkehr auf den einspurigen Single Tracks abseits der Hauptstraße kann wirklich nervenaufreibend sein. Doch die Aussicht und das sonnige Wetter entschädigen bereits hier für das mühselige Fahren. Die Steinmauern des Forts am Hang sind bis zu sechs Meter hoch, an der Basis vier Meter breit, dazwischen bieten sich noch heute rätselhafte X-förmige Treppen für ein Selfie an. Am Hang darunter der perfekte Ort für Schäfchen, die es sich mit Blick auf den Atlantik im Windschatten von Büschen bequem gemacht haben.
Zwischendurch komme ich an hellen Sandstränden vorbei, die zwar einladend mediterran wirken - das kalte Wasser ist aber nur für besonders hartgesottene Schwimmer zu empfehlen. Dann weiter nach Portmagee ganz im Westen, dem Eldorado für Star-Wars-Fans. Auch bei mir kommt der Fanboy raus: eine Bootsfahrt habe ich zwar nicht gebucht, aber von den grandiosen Klippen bei Portmagee (ja, ich finde die besser als die Cliffs of Moher) kann ich einen Blick auf Skellig Michael am Horizont werfen, die Insel, auf der Luke Skywalker in den jüngsten Star-Wars-Teilen als Eremit hauste. Ich nehme mir vor, irgendwann zurück zu kommen, um dem Unesco-Weltkulturerbe mit raren Vögeln und einem verlassenen Kloster noch einen Besuch abzustatten. Bis dahin hilft ein Bier im Pub, der sich auch schon dekorativ, kulinarisch und bestimmt lukrativ auf Star-Wars-Fans eingerichtet hat.
Es ist erstaunlich, wie schnell die Stunden bis hierher vergangen sind. Ich schaffe es gerade noch, beim Städtchen Cahersiveen einen weiteren uralten Steinkreis anzuschauen (das Cahergall Stone Fort), bevor es auch schon Zeit für die Rückkehr wird. Viele Stopps, die doch lange Strecke und die enge Straße ermüden zunehmend. Am späten Nachmittag aber sind glücklicherweise im nördlichen Abschnitt der N70 keine großen Busse mehr unterwegs - mag vielleicht auch an der Vorsaison liegen. Mitte Mai ist es - und ich habe nicht das Gefühl, hier auf übermäßig viele andere Touristen getroffen zu sein. Vielleicht ist es das, was ich über den Ring of Kerry schreiben könnte: Dass es hier hier im Mai nicht extrem voll ist, dass ich wunderbaren Sonnenschein auf der Tour und insgesamt einen schönen Tag hatte. Dieses Fahren auf einer fast einsamen Landstraße im fernen Westen Irlands, nur ein bisschen Landschaft, alte Steine und Schäfchen. Klingt irgendwie langweilig. Ist es aber nicht.
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