Sex, Drogen, Rock'n'Roll ... aber vor allem Drogen. Ich bin in der Welt des Kokains - eine Welt, die einst prunkvoll strahlte, die aber jetzt in Trümmern liegt. Hier, in der Hacienda Napoles bei Puerto Triunfo lebte einst Pablo Escobar, vor 30 Jahren einer der reichsten Männer der Welt, der mächtigste und brutalste Drogenhändler überhaupt. Die Hacienda war ein kleines Paradies, der Zufluchtsort eines Größenwahnsinnigen. Natürlich gab es mehrere große Pools, künstliche Seen, viele Autos, eine prächtige Villa und diverse Luxuswohnungen. Dazu ein Hubschrauberlandeplatz und ein kleiner privater Flughafen. Escobar ließ Tiere aus aller Welt importieren, für einen Privatzoo. Und eine Stierkampf-Arena musste er natürlich auch bauen lassen. Mit einem unerschöpflichen Geldfluss kann man sich ein paar Spinnereien eben problemlos leisten. Neidisch? Naja, Geld macht eben nicht glücklich - und konnte auch Escobar nicht vor der tödlichen Kugel retten.
Doch jetzt, ein paar Jahre nach seinem Tod 1993, ist von dem einstigen Drogenprotz nicht mehr viel übrig. Das Haupthaus ist zerstört, aus Teilen des 3000 Hektar großen Grundstücks ist ein Vergnügungspark geworden. Ein ziemlich merkwürdiger, allerdings. Ein bisschen Jurassic Park, ein bisschen afrikanischer Zoo, ein Erlebnis-Bad, etwas Leichenfledderei. Des Makaberen nicht genug - direkt neben dem Grundstück gibt es ein großes staatliches Gefängnis. Noch als Escobar lebte, hatte er einen Teil seines Geländes mit den afrikanischen Tieren für die Öffentlichkeit geöffnet. Nachdem er erschossen wurde, übernahmen der kolumbianische Staat und die Anti-Drogenbehörde die Hacienda Napoles. Doch was sollten die mit dem riesigen Gelände? Erstmal musste die Bürokratie walten - und die braucht auch in Kolumbien lange: Gebäude zerfielen, Plünderer raubten Luxusgüter.
Irgendwie wurde es dennoch geschafft, aus dem einstigen Paradies ein lohnendes Geschäft zu machen. In einem Kassenhaus wird nun viel Geld verlangt, Tierpfleger kümmern sich um Leopard, Affen und Co. Die Nilpferde haben sich übermäßig prächtig entwickelt und tummeln in einem riesigen Teich. 60 soll es von ihnen mittlerweile geben - von ursprünglich vier Exemplaren. Die einst teuren Nobelkarossen rosten in einer Ausstellung vor sich hin und das zerschossene Haus ist irgendwie ein Ausstellungsobjekt geworden - mit Fotos aus dem Leben des Drogenbarons, von seinen Partys, von seinem politischen und sozialen Engagement, von der Jagd auf ihn. Man muss sagen: Nicht alle Kolumbianer haben ihn in schlechter Erinnerung. Viele profitierten von ihm und von seinen Wohltaten - er baute Häuser für Arme und sogar ein Fußballstadion. Doch wo Licht ist, ist hier noch viel mehr Schatten.
Natürlich sind die Bilder in der Villa plakativ - sie erinnern an Menschen, von denen einige hier gedemütigt, erschossen oder sonstwie liquidiert wurden, an ausschweifende Partys mit Prostituierten, denen auch schon mal Waffen vor die Nase gehalten wurden. Die Fotos in der Hausruine erzählen die Geschichte eines größenwahnsinnigen Koks-Millionärs - von seinem Aufstieg, seinem Leben, seinen Niedergang. Unübersehbar das große Plakat an der Hauswand, das die gerade erschossene Leiche von Escobar zeigt, darüber der Schriftzug "Triunfó el Estado" - "Sieg des Staates". Auf einem weiteren Schild die Anmerkung, dass das Haus aus technischen und moralischen Gründen nicht mehr renoviert wird. Naja, ich würde auch nicht zugeben wollen, dass das ganze Geld von Escobar und seinen Narcos nun in dunklen Kanälen verschwunden ist. Vielleicht ist es auch besser, dass niemand mehr an diesen kriminellen Typ erinnert werden soll, der zudem im kolumbianischen Parlament saß und sich nach einer Verhaftung auch ein eigenes Luxusgefängnis in Medellin bauen ließ.
Ich verlasse die Hausruine, gehe weiter in Richtung der Tiere, die nicht an andere Zoos verschachert wurden. Ein Leopard tappst in seinem Käfig gelangweilt umher. Aras kreischen in den Bäumen, ein paar Flamingos dümpeln im See. Auf einem Schild steht "Vanesa" - sie ist ein junges Nilpferd, dass es irgendwie kurzzeitig zum Maskottchen des Parks gebracht hat. Sie hat ein Gehege ganz für sich alleine, die anderen Nilpferde lassen es sich gemeinsam im großen Teich gut gehen, wenn sie nicht mal wieder ausbüxen und auf irgendwelchen Feldern rumwüten. Der Kiosk am See hat geschlossen. Weitere Besucher laufen mir über den Weg - es scheinen wohlhabende Kolumbianer zu sein. Die Hausruinen lassen sie sowieso links liegen, schließlich kennt ja hier jeder Escobars Geschichte. Sie sind wegen der Tiere und wegen des Erlebnisbads da. Gemeinsam mit dem wieder erstarkten Hype um Escobar ist daraus ein lohnendes Geschäft geworden - auch ganz ohne Kokain.
Besucht im November 2011.
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