Kolumbien - Schwitzen im Tayrona Nationalpark
17.02.2013 14:10Ich schwitze. Ich schwitze, so wie ich in meinem Leben noch nicht geschwitzt habe. Der Schweiß rinnt mir nicht nur die Stirn herunter, sondern am ganzen Körper entlang, das T-Shirt ist vollgesogen wie ein Schwamm. Es ist nicht wirklich heiß, vielleicht nur 35 Grad, aber es ist extrem schwül und wir gehen, stolpern oft, aufwärts und abwärts, über Wurzeln, durch Schlamm und über riesige Steine, die mitunter größer sind als ein Auto. Wir sind im Tayrona Nationalpark im Norden von Kolumbien und wollen in Richtung Strand wandern. Blöderweise ist ein Berg dazwischen, aber das soll gerade das faszinierende an dem Trip sein. Ein paar Stunden vorher hatte ich noch Lust, etwas zu wandern. Auf halber Höhe, als wir den Tayrona-Jungen trafen, war es auch noch okay. Und oben, beim Pueblito, einer über 200 Jahre alten verlassenen Siedlung, war ich auch noch gut gelaunt. Aber dann die Kraxelei herunter, über die wirklich riesigen Geröllbrocken, an tiefen Abgründen vorbei, und das ganze mit eher einfachen Trekkingsandalen, ist jetzt kein wirklicher Spaß mehr. Aber ich will mich nicht beklagen: unser Guide, der die Strecke wohl jede Woche bewältigt, schlappt mit Flip-Flops den Berg hoch und runter.
Und der Tayrona-Junge ist in ausgelatschten Gummistiefeln unterwegs, die ihm auch viel zu groß sind. Mit Machete in der Hand und einem umgehängten Beutel über seinem sackähnlichen Gewand treffen wir ihn beim Anstieg. Er ist gerade auf dem Weg nach unten, von der Hütte seiner Familie aus, um irgendwelche Pflanzen zu ernten. Davon gibt es im Tayrona-Nationalpark eine ganze Menge. Der Park wurde aufgrund seiner Tier- und Pflanzenwelt 1969 gegründet und nach dem hier beheimateten Stamm der Indigenen benannt. Hier wachsen Früchte, hier rennen Eidechsen herum - und in abgelegeneren Bereichen werden wohl auch noch Koka und Marihuana angebaut. Unser Guide kennt den Jungen, sie grüßen sich. Wir fragen, ob wir ihn fotografieren dürfen. Er nickt, bringt sich in Position und hält vor dem Objektiv still, bis es klickt. Er lächelt nicht, macht ein ernstes Gesicht, will erwachsen wirken. Auch als sich die blonde Mitreisende ganz nah an ihn stellt, zuckt er mit keiner Miene. Dann redet er noch ein paar Sätze mit unserem Guide in ihrer Sprache, er verabschiedet sich und geht seiner Wege.
Unser Weg weiter den Berg hoch zieht sich danach ein wenig. Ein paar weitere Kinder treffen wir unterwegs, sie wollen uns Orangen verkaufen, später ein paar erwachsene Männer, die auch nur Flip-Flops tragen und ihre bepackten Esel einen steilen schlammigen Weg herunter treiben. Schmetterlinge surren um uns herum, die Moskitos halten sich zurück. Oben, beim Pueblito, machen wir eine kurze Pause, atmen durch, halten die Füße in den Bach, der den Weg durchschneidet. Die verlassene Siedlung besteht nur noch aus ein paar flachen Steinmauern, ein paar Wänden mit eingehauenen Symbolen. Stufen führen auf einen kleinen Hügel ins Nichts. Ein Indio will uns Getränke verkaufen, er ist der einzige „Kiosk“ auf dem langen Weg über den Berg.
Ein paar hundert Meter weiter gehen wieder unregelmäßige Stufen nach oben, wir erklimmen sie, um uns dann auf den Abstieg zu machen. Mit meinen Trekkingsandalen schlittere ich auf einem moosbedeckten Geröllbrocken fast in den Abgrund, unser Guide kann mich noch festhalten. An einer anderen Stelle müssen wir uns mit einem wohl schon historischen Hanfseil ein paar Meter runterhangeln, manche mit dem Po vorwärts. Umgefallene Baumstämme dienen als wackelige Brücke über eine kleine Schlucht. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, als wir endlich Sand sehen, die Bucht, Krebse und Esel, die unter den Palmen grasen. Wir haben Cabo de San Juan erreicht, ein paar Hütten, eine große Halle, wo Essen und Trinken angeboten werden, Hippies, Einheimische. Ich kaufe mir erstmal einen halben Liter Sprite, lasse mich in den Sand plumpsen und atme tief durch. Eigentlich ganz schön hier, mit den Palmen, den kleinen Buchten und großen Felsen. Wenn nur der Weg nicht so weit wäre.
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Besucht im November 2011.
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