Uganda - Vulkankrater und Diebe beim Mount-Elgon-Massiv

05.01.2014 14:49


Der stickige Linienbus hat uns an der Hauptstraße in Mbale im Osten Ugandas herausgelassen. Wir (vier Deutsche) finden uns auf einer belebten Hauptstraße wieder, irgendwo im Zentrum der trubeligen Stadt in der Nähe der Grenze zu Kenia. Die schweren Rucksäcke haben wir geschultert, der Schweiß rinnt die Stirn herunter. Ich krame den Reiseführer mit der Stadtkarte von Mbale raus, rechts und links wuseln Einheimische an uns vorbei. Wir versuchen erstmal, uns zu orientieren und laufen dazu zur nächsten Straßenkreuzung. Gut für uns: Auf dem großen Kreisel ist ein Turm mit vier Uhren, eines der modernen Erkennungszeichen der Stadt. Zwar sind Straßenschilder Mangelware, aber schließlich können wir uns doch orientieren. Wir suchen uns erstmal ein Hostel - der Reiseführer empfiehlt ein günstiges im Zentrum der Stadt. Und weil wir erstmal faul sind, entschließen wir, dorthin zu gehen. Die Rezeption ist in einem indischen Restaurant, flugs dreht man uns die besseren Zimmer im Komplex auf der anderen Straßenseite an - erstmal scheint alles in Ordnung, die Zimmer sind groß, ein Security-Mann fläzt vor dem Eingang auf einem Stuhl, das Gewehr neben sich.

In Mbale, Uganda. Foto: Wolfgang Bürkle

Nach ein wenig Erholung machen wir uns auf den Weg, die Stadt zu erkunden und das Büro zu finden, in dem wir eine Wandertour beim Mount-Elgon-Massiv buchen können. Je weiter wir uns dabei vom Zentrum entfernen, desto ruhiger werden die Straßen und schöner werden die Häuser - und leider auch die Hotels. Kein Vergleich zu unserem Hostel in der City. Irgendwann stoßen wir auf das bestens bewachte Tourismus-Büro. Ein paar Scheine wechseln die Hand, der Chef, der wohl schon länger keine Besucher mehr hatte, tätigt mehrere Telefonate, erklärt uns einiges und versichert schließlich: Alles wird gut. Hauptsache wir sind am nächsten Morgen pünktlich vor dem Hostel, dann werde uns ein Tuk-Tuk abholen.

Die Nacht im Hostel ist kurz. Der Verkehr draußen ist laut, die Menschen auf der Straße auch. Am frühen Morgen blökt ein Einheimischer stundenlang einen Singsang vor sich her, der das Weiterschlafen unmöglich macht. Das Tuk-Tuk kommt wie versprochen, ist voll, wir quetschen uns noch rein und fahren rüttelnde 50 Kilometer Richtung Nordosten. Der Fahrer ist das Selbstvertrauen in Person, andere Verkehrsteilnehmer werden angepöbelt, Heizen ist angesagt. Wir steigen bei einer Hütte aus, in der uns schon freudig der am Vortag angerufene Guide erwartet. Er drückt uns Stöcke in die Hand, ich nehme meinen nur mit Widerwillen an - so schwer kann die Wanderung nicht sein, zumal unser Guide nur locker sitzende Stiefel trägt und noch nicht einmal eine Wasserflasche dabei hat. Doch schon nach wenigen Hundert Metern bin ich froh über das Stück Holz.

An einigen kleinen Kaffeefeldern und am imposanten Sipi-Wasserfall vorbei, geht es nämlich relativ steil nach oben, schließlich kommen viele Hütten, einige Kühe, mehr Steigungen und noch mehr Hütten mit braunen und grünen Feldern dazwischen. Ständig rufen uns Kinder "How are you" zu - auch wenn sie sich in den Feldern verstecken. Die weite Ebene verliert sich im Dunst der Hitze. Über eine Kante irgendwo in der Mitte des Berges läuft der Fluss, der im Sipi-Fall endet. Hier waschen Frauen Kleidung und Geschirr. Die Aussicht ist grandios: Kleine Flecken Landwirtschaft, dazwischen ein paar Hütten, einige Felder brennen reguliert im Rahmen ihrer Bewirtschaftung. Wir marschieren den Berg weiter hoch, aus der rotbraunen Erde wachsen die ersten Nadelhölzer. 

Die Sipi-Wasserfälle in Uganda. Foto: Wolfgang Bürkle

Schließlich erreichen wir ein ziemlich leeres Camp, wo wir uns erst mit kalten Getränken eindecken und dann das zäheste Hühnchen der Welt serviert bekommen. Das Fleisch lässt sich kaum schneiden, geschweige denn kauen - die noch gut sichtbaren Eierstöcke und Eileiter im Korpus verschmähen wir ebenso. Unser Guide freut sich drüber, eine kleine Delikatesse. Wir spendieren ihm auch eine Cola, er sagt, dies sei das einzige Getränk, das er bis zum Abend benötigt. Durst ist ihm fremd, abends ein bisschen Wasser, selten ein Bier oder selbst gebrannten Schnaps, das reicht.

Schließlich kommt ein weiterer Guide zu uns, der uns bis zum Aussichtspunkt bringen wird. Mit dem Gewehr auf der Schulter geht es mit ihm die nächsten Meter weiter auf einen Gipfel, vorbei an frisch verbrannten Grünflächen. Aus der Asche recken schon wieder kleine grün-weiße Pflänzchen ihre Köpfe heraus. Das Gewehr dient zur Verteidigung. Man weiß nie, wer einem hier begegnet - denn die Grenze zu Kenia wird gerne von Schmugglern frequentiert, die sich bestimmt über eine paar Weiße freuen würden. Auch einige bewaffnete Banden sollen unterwegs sein.

Auf dem Bergkamm angelangt, können wir die Gipfel um den Vulkankrater sehen - einige der Berge im Elgon-Massiv sind über 4000 Meter hoch. Am Aussichtspunkt beginnen Teile eines kleinen löchrigen Regenwalds. Hier sollen auch einige Affen und Leoparden hausen - aber Affen hören wir nur aus der Ferne, es bleiben Vögel und Schmetterlinge. Da ein Teil des Weges jüngst durch einen Erdrutsch blockiert wurde, machen wir uns über denselben Trampelpfad zurück zum Basiscamp, in dem außer uns keine Touristen zu sehen sind. Der Weg zurück zur Straße und zum Tuk-Tuk geht flott abwärts. Der Fahrer wartet schon, wieder ist der Minibus überfüllt, auch einen Zwischenstopp will er Richtung Mbale nicht einlegen. Keine Zeit, heißt es.

Bei Mbale, Uganda. Foto: Wolfgang Bürkle

Zurück in Mbale breiten wir uns ziemlich geschafft in den beiden Zimmern aus, gehen dann über die Straße essen. Doch diese kurze Zeit nutzt ein Dieb, um eines unserer Zimmer zu besuchen. Vermutlich über ein Baugerüst gelangt er auf ein Vordach und einen Balkon, bricht die Tür auf, nimmt sich herumliegendes Bargeld, ein Handy, eine Uhr und eine Kamera und macht sich von dannen. Pässe, Tickets und Dokumente lässt er liegen. Bei der Rückkehr vom Essen merken wir, dass das Schloss meines Zimmers zwar einem Aufbruchversuch standhielt - dennoch ist es beschädigt und wir bekommen es mit dem Schlüssel nicht auf. 

Minutenlang zittere ich, ob der Dieb nicht doch drin war - es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis die mittlerweile herbeigerufenen indischen Besitzer die Tür aufgestemmt bekommen. Alles ist noch da, ich bin erleichtert. Den Security-Mann allerdings, der entweder geschlafen hat oder bestochen wurde, erwartet ein Donnerwetter: Noch nie sei so etwas passiert, betonen die Hoteleigner, die ihre Zimmer direkt neben unseren haben, und laut mit dem Bewacher schimpfen. Auch die weiteren Hotelgäste, die mittlerweile aus ihren Türen schauen, hätten nichts gehört, zeigen sich aber durchaus schockiert. Wir verzichten darauf, die Polizei zu rufen, der Schaden ist den zu erwartenden bürokratischen Aufwand nicht wert - und Pässe sowie ein Großteil des Geldes sind noch da. Mit einem unguten Gefühl bleiben wir bis zum Morgen in unseren Zimmern, schlafen wieder mehr schlecht als recht und sind froh, am Morgen in den Bus zurück nach Kampala zu steigen.  

Besucht im März 2012.

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