Villa de Leyva: Ein Stück Europa in Kolumbien
31.05.2017 11:49"Dorfkneipe" steht über der Tür. Und ein Erdinger-Schriftzug ziert die altmodischen Laternen links und rechts vom Eingang. Die anderen Schilder und die Fahne machen allerdings deutlich, dass hier nicht Deutsch sondern Spanisch gesprochen wird. Ich erinnere mich an meine Jugend: "Una cerveza por favor" - das waren mit die ersten spanischen Worte, die ich vor einigen Jahren auf Freizeiten in Spanien lernte. Nun bin ich hier auf dem Marktplatz von Villa de Leyva, einer idyllischen Stadt in Kolumbien, gut 170 Kilometer nördlich von Bogota. Sie liegt auf gut 2100 Metern Höhe und ist umgeben von grünen Bergen und fruchtbarem Weideland. Erinnert schon ein bisschen an ein bayerisches Bergdorf. Wenn denn die Sprache und auch die Häuser nicht wären - denn diese sind im Kolonialstil gehalten, in weiß, mit viel Holz und zumeist zwei Stockwerken.
Die Straßen der Altstadt haben einen Kopfsteinpflaster-Belag, um den riesigen Marktplatz sind viele der Gassen für Autos gesperrt. Es ist eine touristische Kleinstadt, Schauplatz einiger Szenen von Werner Herzogs Film "Cobra Verde" mit Klaus Kinski, und Schauplatz etlicher kolumbianischer Soap-Operas. Villa de Leyva ist mehr Museum als Dorf - mit einer der Gründe dafür, dass die Stadt vor allem bei kolumbianischen Hochzeitspaaren beliebt ist. Die alte Kathedrale, gerademal ein paar Meter rechts von der "Dorfkneipe" am Marktplatz, ist von außen genauso weiß wie die anderen Gebäude, innen sind schlichte Holzbalken und -bänke, die zum Verweilen einladen. Als ich über die riesige Plaza schlendere, zeigt sich nach einem Schauer ein grandioser Regenbogen - doch an seinem Ende winkt keine Truhe voll Gold, sondern die Stadt, die selbst ein Schatz ist.
Einwanderer haben die "Dorfkneipe" einst eröffnet, Hippies betreiben heute Klamottenläden, Bars und Pizzerien, überall hängen Ponchos zum Verkauf, angeblich "die Besten" von Kolumbien. Abends trinkt man in farbenfrohen Kneipen ein kaltes Bier, lauscht dem Reggaeton oder der Mariachi-Musik, die aus den Boxen tönt. Heiter bis betrunken torkelt man unter dem orangefarbenen Licht der Lampen dann ins angenehme Hotel. Was Villa de Leyva ausmacht, sind aber nicht nur die Häuser und Gassen, die Idylle, die kleinen Plätze, auf denen Revolutionshelden wie Antonio Ricaurte oder Politikern wie Camilo Torres Büsten gewidmet sind. Es ist auch die Landschaft ringsherum.
Ich besuche etwa das Weingut Marques de Villa de Leyva - es ist eines von derzeit gerade mal einer Handvoll Weingütern in Kolumbien. Der Wein wird nach französischem Vorbild angebaut, darunter Rebsorten wie Cabernet Sauvignon und Sauvignon Blanc. Die ganzen Gebäude des Weingutes, auch der beeindruckende Barrique-Keller und die Verkostungsstube, könnten genauso gut im Elsass oder in Bordeaux stehen. Der europäische Einfluss ist unverkennbarer Teil dieser Region.
Ein paar Kilometer weiter befindet sich wüstenartige Steppe und noch etwas weiter steht ein Museum, dass um die Fundstelle eines Dinosauriers gebaut wurde - ein Kronosaurus, der einem riesigen Krokodil ähnelt, acht Meter lang und 120 Millionen Jahre alt. Ein Bauer fand das Fossil 1977, als er sein Feld umgrub. Heute kann man um das von einer Halle überbaute Skelett herumlaufen und sich noch von anderen Ammoniten und Trilobiten, die rund um Villa de Leyva gefunden wurde, überzeugen. An kleinen Ständchen gibt es Repliken des Sauriers zu kaufen oder gar echte kleine Fossilien, die es noch zur Genüge dort im Boden gibt. Muscheln und Ammoniten zeigen, dass hier einst ein Meer war, dort, wo nun die Anden sind.
Auf einem weißen Pferd reite ich durch die Gegend, mit einem billigen Cowboyhut auf dem Kopf - für einen kolumbianischen Vaquero wohl eher ein merkwürdiger Anblick. Vorbei geht es an kleinen Häuschen, an großen Büschen und Bäumen, an Kuhherden und Trails, auf denen Besucher mit Quads kurven. Ja, es ist eine touristische Region, mit vielen Freizeitmöglichkeiten, mit Plätzen zum Entspannen, um das Leben zu genießen, um sich wie im Urlaub zu fühlen. Das Pferd trottet weiter, über den nächsten Hügel hinweg, durch ein Gatter hindurch. Unvermittelt stehen wir vor einem blauen See, dahinter hohe Berge. Und es wäre nicht unwahrscheinlich, wenn man die Anden und Alpen hier verwechseln würde.
Besucht im Herbst 2011.
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