Welterbe oder Firlefanz? Bei den Pyramiden von Güimar auf Teneriffa

08.10.2018 10:34

Teneriffa. Foto: Wolfgang Bürkle

Wie viele Pyramiden habe ich schon gesehen? Lasst mich kurz nachdenken - Gizeh und Sakkara in Ägypten, Meroe und Jebel Barkal im Sudan, ganz viele in Mexiko, noch ein paar irgendwo anders - aber Pyramiden auf Teneriffa? Bis vor Kurzem wusste ich nicht einmal, dass es dort welche gibt. Bei der Vorbereitung zu meiner Reise auf die populäre Kanaren-Insel allerdings stieß ich ziemlich schnell auf die "Pyramiden von Güimar" - einer Ansammlung merkwürdiger, aufgehäufter Lavasteine. Der norwegische Anthropologe Thor Heyerdahl begründete hier einen Park, um die irgendwie "pyramidigen" Strukturen zu schützen und um sie besser zu erforschen. 


Ich hatte mir für drei Tage auf Teneriffa einen Mietwagen genommen, von Costa Adeje im Südwesten aus. Will ja auch was erleben im Urlaub - denn nur am Strand oder Pool zu chillen, ist schließlich nichts für mich. Also ging es an einem Tag hoch in den Norden, nach Puerto de la Cruz, ein wenig durch die nordwestliche Bergregion und an der Küste entlang, am zweiten Tag hoch zum Pico del Teide und schließlich am dritten Tag zu den mysteriösen Pyramiden, danach weiter nach Santa Cruz de Teneriffe und San Cristobal de La Laguna. Ein umfangreiches Programm zwar, aber so riesig ist die Insel nun auch nicht. 
 
Die Pyramiden von Güimar auf Teneriffa. Foto: Wolfgang Bürkle
 
Ich war etwas skeptisch, als ich mit dem Wagen durch Güimar fuhr. Eine eher moderne Stadt, irgendwie unscheinbar. Das Navi lotste mich durch enge Gassen, bis hin zum recht kleinen Parkplatz vor dem "Parque Etnografico". Andere Besucher an der Kasse? An einer Hand abzählbar. Dabei war gerade noch Hochsaison, Ende August. Eintrittskarte besorgt und einen Token zum Freischalten diverser Bereiche auf dem weitläufigen Gelände bekommen - darunter ein Giftpflanzen-Garten und ein Bereich über die Besiedlung Polynesiens. Also doch viel mehr zu entdecken hier. Doch wo waren nun die Pyramiden? Alleine schlurfte ich erstmal durch das Museum, dass mich an viele bereits besuchte Sehenswürdigkeiten erinnerte, darunter Tiwanaku in Bolivien, Gizeh, Palenque oder Bogota. Eine nette Zusammenfassung aller bekannten Pyramiden dieser Welt wartete in den Räumen. Ein paar Theorien dazu, wie Völker über die Meere und Kontinente reisten und dabei ihre Kultur verbreitet haben könnten. Und dazu ein paar Schautafeln über die bisher erfolgten Ausgrabungen und Erkenntnisse von den Bauten in Güimar.  
 
Die Pyramiden von Güimar auf Teneriffa. Foto: Wolfgang Bürkle
 
Natürlich erhoffte ich mir hier nähere Details zu den Mauern, die ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gesehen hatte. Wie alt sind sie, wer baute sie und warum? Um es kurz zu machen: nix genaues weiß man nicht. Es könnten simple Steinhaufen sein, uralte Plätze für Zeremonien oder zweihundert Jahre altes Mauerwerk. Der einzige relevante Fakt: die Mauern sind irgendwie nach der Winter- und Sommersonnenwende ausgerichtet. Also keine Blutopfer, keine Hieroglyphen, keine geheimnisvollen Gegenstände? War Heyerdahl einem Bauernscherz auf den Leim gegangen? Eine kurze Internet-Recherche bei den schwurbeligen Erich von Däniken-Anhängern brachte auch nur wenig erhellende Informationen zur Relevanz der Ausrichtung der Stufen und Mauern. Ein wenig enttäuscht ging ich nun endlich aus dem Museum hinaus, zur Aussichtsplattform, die den besten Blick über die noch bestehenden Strukturen bietet.
 
Die Pyramiden von Güimar auf Teneriffa. Foto: Wolfgang Bürkle
 
Vor mir breitete sich ein Feld voller verwirrender alter Mauern aus, dahinter die neuen und bunten Häuser der Stadt, rechts das blaue Meer, links die grün-braunen Berge. Aber eine Pyramide? Naja, eher diverse Plattformen, abgestuft, ineinander verschränkt, ohne Spitzen - es könnte eine Traumanlage für Biker, Skater oder Paintball-Veranstalter sein. Auch die Umrundung der Anlage brachte mir zwar weitere Impressionen und Vermutungen, aber nur an der südöstlichsten Ecke mag man mit zusammengekniffenen Augen eine Pyramide mit etwa neun Stufen erkennen. Aus einer Höhle darunter buddelte man jüngst 200 Jahre alte Gefäße aus. Ich ging weiter, fotografierte etwas mehr, besichtigten die weiteren Bereiche des Parks und setzte mich anschließend noch einmal auf die Aussichtsplattform. 
 
Die Pyramiden von Güimar auf Teneriffa. Foto: Wolfgang Bürkle
 
Eine Eidechse rannte vor mir über die heißen Steine. Die Sonne knallte unbarmherzig herunter - und warf in der Mittagszeit fast keine Schatten mehr. Ich grübelte weiter über das, was ich sah. Die schiefen Mauern aus einfachen Steinen, die merkwürdigen Felder und Plattformen - irgendwie faszinierten sie. Vielleicht hatte Heyerdahl doch den richtigen Riecher gehabt und die Strukturen sind grandiose Dinge. Oder er wollte sich nur ein Denkmal mit diesem Park auf Teneriffa setzen. Oder beides. Zumindest hat er es geschafft, dass dieser Flecken Erde vorerst unbebaut bleibt. Und vielleicht wird eines Tages jemand herausfinden, was es mit den "Pyramiden von Güimar" nun wirklich auf sich hat. 
 

Blick vom Pico del Teide auf Teneriffa. Foto: Wolfgang Bürkle

"Werbung" (oder "Offenlegung") - Liebe Leser, auch wenn ich kein Honorar für diesen Artikel erhalten habe (lediglich der Eintritt war für mich gratis), erfülle ich mit der Werbe-Kennzeichnung dieses Artikels die gesetzlichen Vorgaben. Es wurde kein Einfluss darauf genommen, ob oder was ich berichte. Dies trifft auch auf alle anderen meiner Beiträge zu.
----

Die Webseite des Parks Pyramiden von Güimar
Auch interessant? Mein Beitrag zur Kylemore Abbey in Irland

----

Nix verpassen? Lust zu einem Kommentar? Follow me here: 

Facebook

Instagram

Twitter